Vorwort der Spielzeit Frühjahr/Sommer 2025:
„Der Zeit ihre Kunst – der Kunst ihre Freiheit!“
Liebe Freunde und Freundinnen des Theaters rote Bühne,
verehrtes Stammpublikum, herzlich willkommen alle neugierigen Erstbesucher*innen!
Was unterscheidet dieses kleine und freie Theater von vielen anderen in unserem Lande?
Kaum ein Kleinkunsttheater realisiert so viele Eigenproduktionen mit großem Ensemble und live-Musik mit so wenig Fördermitteln. Packend, verständlich, unterhaltsam und Informativ, Theater als Ort des Erlebens von Emotionen - hautnahen, als Ort einer solidarischen Gemeinschaft, der Begeisterung und Inspiration. Den Alltag ausblenden, auf andere Gedanken kommen, reflektieren und mit neuer Kraft in die Woche starten, dass möchte das Theater rote Bühne seinen Zuschauer*innen bieten.
Weshalb der Name „rote Bühne“ werde ich immer wieder gefragt? Das 2006 im Souterrain der ehemaligen Bing Blechspielzeugfabrik - Baujahr 1917 - gegründete Theater war und ist vorwiegend mit vielen roten Einrichtungselementen ausgestattet. Roter Teppich, rote Vorhänge und Wände, gemütlich soll es sein und im Foyer wurde mit antiken Möbeln und unzähligen Bildern aus der damaligen Epoche ein einmaliges Ambiente geschaffen.
Die Freiheit der Kunst!
Ist ein hohes und zu verteidigendes Gut, einhergehend mit der gesellschaftlichen Freiheit und Akzeptanz aller Menschen, so wie es in unserem Grundgesetz geschrieben steht.
Dazu braucht es die Demokratie, auch wenn sie anstrengend ist. Sie erfordert viel Engagement, Kompromissfähigkeit und Kommunikation. Der Weg zur Demokratie war, insbesondere in Deutschland, ein steiniger und in vielen unserer Produktionen zeigen wir diese Entwicklung seit der Weimarer Republik. Stets im Fokus: die Stadtgeschichte Nürnbergs. Dargestellt in spannenden dramatischen Szenen, mit Musik und Tanz, oftmals begleitet von wissenschaftlichen Erläuterungen und Fotografien aus der damaligen Zeit. Ohne moralisierenden, didaktischen Zeigefinger, sondern vielschichtig, und analysierend, handwerklich professionell in Szene gesetzt von einem vielseitigen Ensemble.
Vier selbst verfasste und inszenierte Produktionen, die sich mit diesem Thema beschäftigen haben wir seit unserem Jubiläumsjahr 2016 auf unsere Bühne gebracht:
Die Blechtänzerin (2016 – 2019, gekrönt von einer Einladung zu den Bayerischen Theatertagen)
Verboten gut! Die Kempinsky Revue (2019 – 2023)
Eine Reise in Nürnbergs wilde 1920er – Das Kabinett des Dr. Schmidt (2019 bis heute
Glühbirnenglanz und rauchende Schlote (2022 bis heute)
Ein demokratisches Ensemble?
Das ist seit 2008 unser Burlesque Ensemble. Vier Frauen und ein Mann produzieren immer wieder ohne Regisseur*in ein neues Programm, einigen sich konsensmäßig gemeinsam auf den Titel, den Ankündigungstext, das Plakat. Für die individuelle Performance setzt jede Darstellerin ihre eigenen Ideen um, von der Story über die Musikauswahl, Choreografie bis zum Kostüm. Die Erfolgsgeschichte dieser Produktion spricht für das Konzept und die Professionalität der Darstellenden.
Die Zukunft des Theaters?
Ist untrennbar mit der Finanzlage verbunden. Unsere Jahresausgaben betragen rund 312.000 €, unsere öffentliche Förderung von Stadt und Bezirk bis dato rund 30.000 €. Somit müssen wir 90% unserer Ausgaben anderweitig generieren, mit Eintrittsgeldern erreichten wir zuletzt 162.000 €. Hinzu kamen die Beiträge unserer Fördermitglieder, private Spenden und Neustart Kultur Förderungen, die jetzt allerdings beendet sind. Für das Jahr 2025 weist unser Finanzierungsplan eine Deckungslücke von 60.000 € auf. Die Stadt hat uns eine Etaterhöhung um 15.000 € bewilligt, bleibt immer noch ein Loch von 45.000 €.
Was kann jeder tun?
Unsere Petition unterschreiben, um öffentlichen Druck aufzubauen. Unsere Online-Petition (www.openpetition.de/petition/online/theater-rote-buehne-darf-nicht-sterben) ist erst mit 3.300 Stimmen relevant, bisher erreichten wir dort nur 539 Stimmen, unsere Unterschriftenlisten in Papierform erreichten bereits 1.093 Stimmen.
Spenden oder/und Fördermitglied werden (Infos auf S. 32). Egal wie klein die Spende ist, alles hilft. Wir bedanken uns an dieser Stelle bei den die vielen Spender*innen, die seit unserem Hilferuf im Herbst bereits 25.000 € gespendet haben.
Vielen Dank, denn das Theater rote Bühne möchte auch in den kommenden Jahren eine Oase sein, ein kleiner, aber schützender Fels in der Brandung des Alltags,
Ihre - Eure Julia Kempken
Vorwort der Spielzeit Herbst/Winter 2024/2025:
Liebe Gäste,
unser Programmheft erscheint halbjährlich und ich schreibe es im Juni 2024. Viel Positives gibt es zu berichten, so konnten wir im letzten Jahr einen Zuschauerrekord von 7.045 Personen verzeichnen, mit gesamt 82 Vorstellungen. In diesem Jahr konnten wir von Januar - Mai bereits 4.202 Gäste in 46 Vorstellungen zählen. Besonders erfolgreich waren, und deshalb werden sie wieder aufgenommen:
Unsere Burlesque Jubiläumsshow wird nach vielen Jahren abgelöst durch:
Da unser Saal nur 110 Plätze hat, wodurch ein besonderes Theatererlebnis entsteht, denn man ist sehr nah am Geschehen und an den Akteur*innen, können wir selbst bei ausverkauften Vorstellungen nicht kostendeckend arbeiten. Ich muss Sie/Dich nun leider mit noch mehr Zahlen und Fakten konfrontieren, denn es geht um die Zukunft des Theaters rote Bühne, dass ohne angemessene öffentliche und private Förderung nicht in seiner bisherigen Form und Qualität weiter existieren kann.
Und hier beginnt unser Hilferuf!
Staats- und Stadttheater, sowie die Landesbühnen werden zu rund 80% mit unseren Steuergeldern subventioniert (ein Ticket müsste sonst 150-300 € kosten). Unser Theater erhält eine Förderung von nur rund 15% (von der Stadt und dem Bezirk). D. h, wir müssen rund 85% unserer Kosten anderweitig decken. Wie machten wir das bisher?
Die beiden letzteren haben uns geholfen, die Coronazeit gut zu überstehen und die letzten Eigenproduktionen zu verwirklichen, so auch unser Theaterstück im Museum Industriekultur. Doch diese Mittel werden zum Jahresende endgültig aufgebraucht sein.
Eine Theaterproduktion kostet uns zwischen 30.000 € und 90.000 € (Kosten bis zur Premiere).
Die jährlichen Fixkosten für die Festangestellten in unserer Verwaltung (Buchhaltung, Ticketmanagement, Öffentlichkeitsarbeit, Disposition, Reinigung, etc.) und die Miete betragen rund 150.000 €.
Die Künstlerhonorare, Techniker, Gema und die KSK können größtenteils aus den Ticketverkäufen bezahlt werden.
Unser Jahresetat der Stadt beläuft sich derzeit auf rund 24.000 € (Erhöhungsanträge wurden seit 2018 nicht bewilligt), vom Bezirk kamen in den letzten Jahren noch jeweils 5.500 € pro Jahr.
Mit dieser geringen Förderung können wir zukünftig weder unsere Fixkosten decken, noch weitere Eigenproduktionen stemmen.
Deshalb sind wir dieses Jahr sehr aktiv und persönlich in Kontakt getreten mit dem Stadtrat, dem Kämmerer und dem Kulturreferat. Eine Entscheidung über eine Etaterhöhung ab 2025 fällt frühestens im November.
Zusätzlich brauchen wir die Unterstützung unser Zuschauer*innen, um öffentlichen Druck aufzubauen.
Ab unserem Sommerfest am 13. Juli 2024 liegen Unterschriftenlisten aus, zusätzlich wird es eine Online-Petition geben. Eine weitere Unterstützung sind persönliche Briefe an Stadträte oder Fraktionen im Rathaus sowie Leserbriefe an die NN/NZ.
Und für jede Spende sind wir natürlich sehr dankbar (bis 200 € genügt der Kontoauszug als Spendenbeleg, für höhere Spenden bitte die Adresse angeben, wir versenden die Spendenbescheinigung per Post).
Nur gemeinsam können wir es schaffen, das Theater rote Bühne auf die gleiche Ebene zu stellen, wie die anderen etablierten, freien Theater Nürnbergs, von denen es leider sowieso nicht viele gibt. Wir zeigen seit 2006 professionelle Bühnenkunst mit vielen Produktionen zur Stadtgeschichte Nürnbergs, die es so sonst nirgendwo gibt. Geschichtliche und politische Bildung, unterhaltsam, niedrigschwellig, innovativ und historisch korrekt.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf unsere politischen Jazzfrühschoppen hinweisen, bei denen Gäste aus der Politik Rede und Antwort stehen werden.
Und nun viel Vergnügen mit unserem neuen Spielplan und seinen hochkarätigen Künstler*innen,
Julia Kempken im Namen des Vorstandes Kulturverein rote Bühne e.V.
Was uns noch am Herzen liegt: unsere Demokratie, eine tolerante und offenen Gesellschaft, Hilfsbereitschaft, Solidarität, Zugang für alle zu unseren Veranstaltungen (auch mit begrenztem Budget, siehe S. 47) und natürlich die Freiheit der Kunst!
Deshalb feiern wir 75 Jahre Grundgesetzt, und in Anlehnung an den Artikel 1 gilt für uns und hoffentlich alle Besucher*innen unseres Theaters:
Die Würde des Menschen ist unantastbar
Nürnberg begreift sich als Stadt des Friedens und der Menschenrechte. Auch aus dieser Verpflichtung heraus stehen wir, das Theater rote Bühne, für ein gleichberechtigtes Miteinander und friedliches Zusammenleben - unabhängig der Kultur, Herkunft, Hautfarbe, Geschlechtsidentität, Religion, sexueller Orientierung oder Behinderung.
Wir sind gegen alle rechtsextremen Organisationen und Gruppierungen, die Grundsätze propagieren, die nicht mit der Menschenwürde oder dem Grundgesetz vereinbar sind.
Wir sind gegen jede Art von Menschenfeindlichkeit.
Wir treten für ein friedliches Miteinander, kulturelle Vielfalt, Gleichberechtigung, gute nachbarschaftliche Beziehungen, Offenheit und Toleranz ein.
Kultur von allen – Kultur für alle!
Hier geht es zur Unterschriften-Kampagne zum Erhalt des Theaters rote Bühne